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Bildergalerie TTIP, CETA und TISA

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Montag, 24. Juni 2013, 16:43

Fracking -Stopp und Demokratie können ausgehebelt werden

Sehr geehrte Vertreter im EU Parlamenten,

vielen Dank für Ihre Antworten auf mein Schreiben vom
10.05.2013 zum Thema CETA und der Möglichkeit eventuelle
Fracking-Verbote in der EU mit dem Handelsabkommen mit Kanada
auszuhebeln.

Anbei erhalten Sie einen brisanten Zeitungsartikel der
Frankfurter Rundschau zu genau diesem Thema. Der Konzern
Vattenfall brachte eine Klage gegen die Bundesrepublik
Deutschland wegen der Abschaltung der Atomkraftwerke ein.
Größter Forderungsteil von 3 MILLIARDEN EURO: Gewinnentgang

Mein Freund aus Deutschland, von dem ich den Artikel bekommen
habe, formulierte es so:
„ Da geht einem der Hut hoch! “

Genau dieses Vorgehen fürchten mittlerweile viele Bürgerinnen
und Bürger im Weinviertel, dass über derartige Mechanismen die
Souveränität des Staates durch einen Konzern ausgehebelt werden
kann. Die Voraussetzungen für Fracking sind sehr ähnlich. Die
Bevölkerung ist weitgehend dagegen. Wenn nun doch Konzessionen
ausgestellt werden und die Bevölkerung durch Proteste die
Aufgabe dieser Projekte erzwingt, so kann der Konzern immer
noch seine Forderung gegenüber der Republik einklagen. Die Klage wird
dann Möglicherweise beim ICSID (International Centre for
Settlement of Investment Disputes) eingebracht und führt zu
einem für die Bevölkerung intransparenten Verfahren. ICSID
gehört der Weltbank an.

Ich ersuche Sie inständig diese Entwicklungen mit großer
Aufmerksamkeit zu verfolgen. Hier geht es bereits um das Geld
unserer Kinder.
Ich möchte eine verbindliche Aussage von Ihnen, ob es rechtlich möglich ist, dass eine Klage beim ICSID eingebracht werden
kann, wenn Schiefergasvorhaben durch die Bevölkerung verhindert werden. Ihre Antwortschreiben werden archiviert und einer
interessierten Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Andreas Czezatke



Sehr geehrte Herr Czezakte,

im Namen der SPÖ-EU-Delegation - Jörg Leichtfried, Evelyn Regner,
Hannes Swoboda, Karin Kadenbach und Josef Weidenholzer - darf ich Ihnen folgende Antwort zukommen lassen.

Es ist in der Tat möglich, dass ein Unternehmen einen Staat verklagen
kann, jedoch nur wenn ein bilaterales Investitionsabkommen mit einen
sogenannten "investor-state dispute settlement (ISDS)"-System besteht.
Inzwischen existieren weltweit über 3000 solcher Abkommen. Die meisten
Abkommen wurden zwischen einem Industriestaat und einem
Entwicklungsland abgeschlossen, um die Investitionen von Unternehmen im Ausland vor Zugriffen des Gastlandes zu schützen. Das bedeutet, faire
Behandlung der Investoren und Anspruch auf Entschädigungszahlungen im
Fall von Enteignungen (Änderungen von Sozial-, Gesundheits- oder
Umweltschutzgesetzen, die zur Gewinnminimierung der Unternehmen führen
könnten gelten beispielsweise als Enteignung).

Derzeit sind 62 österreichische Investitionsschutzabkommen in Kraft,
und zwar mit Ägypten, Albanien, Algerien, Argentinien, Armenien,
Aserbaidschan, Äthiopien, Bangladesh, Belarus, Belize, Bolivien,
Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Chile, China, Estland, Georgien,
Guatemala, Hongkong, Indien, Iran, Jemen, Jordanien, Jugoslawien, Kap
Verde, Kasachstan, Kosovo, Kroatien, Kuba, Kuwait, Lettland, Libanon,
Libyen, Litauen, Malaysia, Malta, Marokko, Mazedonien, Mexiko,
Moldawien, Mongolei, Namibia, Oman, Paraguay, Philippinen, Polen,
Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Slowakei, Slowenien, Südafrika,
Südkorea, Tadschikistan, Tschechien, Tunesien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, Vereinigte Arabische Emirate und Vietnam.

Wenn also Österreich ein Investitionsschutzabkommen mit Kanada
abschließen würde und die österreichische Regierung ein Verbot
(beispielsweise das "fracking" betreffend) erlassen würde, könnte sich
ein kanadisches Unternehmen an die Schlichtungsstelle wenden und
Entschädigungszahlungen einklagen. Das bedeutet nicht, dass die
Regierung ihre Entscheidung revidieren muss. Wenn jedoch das Gericht
entscheidet, dass der Staat schuldig ist, dann muss dieser
Entschädigungszahlungen leisten. Rein österreichische Unternehmen – das bedeutet ohne Investoren im Ausland - haben nicht die Möglichkeit den
Staat auf Entschädigung zu verklagen. Unternehmen, die in Österreich
angesiedelt sind, jedoch Investoren haben, die in Ländern tätig sind
mit welchen Österreich ein bilaterales Investitionsschutzabkommen
abgeschlossen hat, können den österreichischen Staat verklagen.

Das übliche Gericht für Schlichtungsverfahren ist, wie von Ihnen
bereits angesprochen der ICSID. Die Zahl der Klagen ist in den letzten
Jahren enorm angestiegen. Waren es 1996 gerade einmal 38 Klagen, waren
es Ende 2011 bereits 450. Das Klagen vor einem Schiedsgericht hat sich
bereits zu einem sehr lukrativen Geschäft entwickelt und die
Investor-Staat-Klagen erfreuen sich bester Konjunktur. Denn immer
häufiger kommt es zu Verfahren von Unternehmen gegen Regierungen, weil
die Unternehmen ihre Gewinne gefährdet sehen.

Wie Sie bereits angemerkt haben, ist diese Entwicklung sehr
problematisch, da für die Kosten die BürgerInnen und SteuerzahlerInnen
aufkommen müssen. Auch demokratische Entscheidungen werden beeinflusst
und gefährden somit die Demokratie und die Souveränität eines Staates.
Kritik ist auch bei den Verhandlungen von internationalen
Schiedsgerichten wegen mangelnder Transparenz und zweifelhafter
Unabhängigkeit angebracht.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte und
verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Alexandra Bärtl