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Donnerstag, 11. September 2014, 09:41

Ein Brief an die Panorama Redaktion

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

Ich schreibe Ihnen in Bezug auf Ihre Panorama-Sendung vom 09.09.2014
über "Angst vor Fracking."

Falls Sie es nicht getan haben, empfehle ich Ihnen das Kurzvideo von
Josh Fox, "The Sky Is Pink," anzuschauen. Den Link zum Video habe ich
unten angegeben.

http://vimeo.com/44367635

Sie zitieren in der Sendung aus einem Schreiben des State of Colorado
Oil and Gas Commission, welches die Behauptungen von Josh Fox
widerlegen, dass Methangas aus Wasserhähnen nicht durch Fracking
verursacht wurden.

In seinem Video zitiert Josh Fox aus einem Schreiben von derselben
Behörde, welches schwarz auf weiß im Film zu sehen ist, und bestätigt,
dass das Gas aus dem Brunnen von Amy Ellsworth thermogener Herkunft ist
und weierhin in Verbindung mit der Förderung von Öl und Gas gebracht
wurde. (ab 11Min). Wie erklären Sie das=

Der Bericht erzählt ferner über sogenannten "orphan wells," also alte,
verlassene Bohrlöcher. Das ist ein riesiges Problem in den USA. Es ist
ein großes Problem in Niedersachsen. Ein Bekannter von mir arbeitete
für die damalige Preussag. Seine Aufgabe war es, alte Bohrlöcher (Öl?)
abzudichten. Viele befinden sich im Hämelerwald in der Nähe von
Hannover. Wie viele Tiefbohrung sind in Niedersachen undicht?

Ich fragte beim LBEG (Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) in
Hannover nach, wie viele Tiefbohrungen in Niedersachen undicht sind. In
der Stellungnahme vom 07.05.2013 (liegt mir vor) schrieb das Amt,
"...Undichte Zementationen sind dem LBEG nach § 3 der Tiefbohrverordnung
anzuzeigen. Gleichzeitig wird der Sachverhalt in der entsprechenden
Betriebsakte der Bohrung dokumentiert. Eine spezifizierte Aufstellung
über fehlerhafte Bohrlochzementierungen erfolgt hingegen nicht. Um eine
derartige Darstellung zu bekommen, müsste eine Informationsrecherche für
über 30.000 Tiefbohrungen in Niedersachsen durchgeführt werden. Dies
stellt ohne Zweifel einen deutlich höheren Verwaltungsaufwand und damit
einen gewichtigen Grund im Sinne des § 3 Absatz 2 Satz 3 UIG dar. Somit
ist die beantragte Art des Informationszugangs abzulehnen. Demgegenüber
besteht die Möglichkeit eines selbstständigen Aktenstudiums, um eine
detaillierte Aufstellung über fehlerhafte Bohrlochzementierungen in
Niedersachsen zu erstellen. Bei der Realisierung einer Akteneinsicht ist
das LBEG gern behilflich."

Also, undichte Bohrlöcher sind zwar anzeigepflichtig, aber es gibt
offenbar keine elektronische Erfassung dieser Vorkommnisse, und das Amt
hat keinen Überblick.

Dieses Amt war lange für die Aufsicht über Asse II verantwortlich und
hat dort total versagt. Dieses Amt hat auch Aufsuchungserlaubnisse für
Kohlenwasserstoffen (= Öl und Gas) in der Region Wolfenbüttel und
Remlingen, wo die Asse liegt, erteilt. Stellen Sie sich vor!
Probebohrungen womöglich mit Sprengsätzen in der Nähe des maroden Asse
II! Über Kontaminierung durch Quecksilber im Landkreis Rotenburg wußte
das LBEG lange Bescheid, versäumte es die kommunalen Verantwortlichen
und die Bevölkerung zu informieren. Wie soll diese Behörde ein
Förder-Boom in Niedersachsen beaufsichtigen?

Fracking in unkonventionellen Lagerstätten (dazu zählt auch "Tight Gas")
mit high volume, high pressure slickwater ist ein grosser industrieller
Prozess, den Sie gar nicht beschrieben haben. Der Prozess is sehr
flächenintensiv. Auch die Beschaffung und Transport von
Bohrplatzmaterial, Wasser, Sand und Chemikalen sowie die Entsorgung von
den grooßen Mengen Lagerstättenwasser und Gestein aus dem Bohrloch, die
als Giftmüll zu bezeichnen ist, bereitet große Probleme. Wo und wie
findet die Entsorgung statt? Wer trägt die Kosten für die Abnutzung von
Straßen und andere Infrastruktur? Wer bezahlt die Ausrüstung und die
Ausbildung und die Überstunden bei Bereitschaft und Einsatz von
Feuerwehr und anderen Rettungskräften?

Warum sollen wir ein großes ökologisches, gesundheitliches und
existenzwichige Risiko eingehen, wenn wir Deutsche nichts vom heimischen
Gas haben? Das ist unsinnig und gefährlich. Das Gas aus
unkonventionellen Lagerstätten wird bestenfalls die sinkende
Gasproduktion in Deutschland ausgleichen. Zur zeit rund 12 Milliarden
Kubikmeter pro Jahr. Deutschland importiert Gas aus Niederlande,
Norwegen und Russland in etwa der gleichen Menge wie der Verbrauch.
Erdgas wird aber aus Deutschland exportiert, etwa in gleicher Höhe wie
die die inländische Produktionsmenge. Deutschland wird Gas und Erdöl
in großer Menge importieren müssen und damit von externen
Lieferantenländern stark abhängig bleiben, bis das Land eine
nachhaltiges, umweltfreundliches Energiesystem aufbaut. Dazu gehört
auch die Senkung des gesamten Energieverbauchs.

Die internationalen Öl- und Gasunternehmen werden die Gewinne einstecken
und wir müssen die ökologischen gesundheitlichen und finanziellen
Konsequenzen tragen.

Warum werden 125 Milliarden Kubikmeter Gas weltweit pro Jahr nutzlos
abgefackelt? Die Menge Gas würde die EU vier Monate lang versorgen.
Die Öl- und Gasunternehmen sind an keiner Lösung interessiert. Warum?

Welche Arbeitsplätze entstehen oder werden durch unkonventionelle Öl-
und Gasförderung gesichert? Welche werden durch unkonventionelle Öl-
und Gasförderung gefährdet? Wo sind die Panorama-Berichte über dieses
Teil-Thema? Haben wir nicht aus der Steinkohle- und Werttkrise, wie wir
eine sterbende Industrie abwickeln können?

Das IPCC (die UNO-Behörde "International Governmental Panel on Climate
Change") kommt in seinem Bericht zu Schluß, dass die Klimawandel durch
menschliche Aktiviäten verursacht wird, und alle in der Erde
verbleibenden Kohlenwasserstoffen in der Erde verbleiben müssen, wenn
wir den weltweiten Temperaturanstieg durch den Ausstoß von GHG
(Greenhouse Gas) verhindern wollen.

Soll es Probebohrungen in Deutschland geben? Ich sage definitv nein.
Die multinationalen Unternehmen arbeiten weltweit mit der gleichen
Technik, wo die Gesetze der Physik, Geologie, Hydrologie usw. weltweit
gleich sind. Welche neuen Erkenntnisse will man mit Probebohrungen in
Deutschland gewinnen? Außerdem wollen diese Unternehmen deutschen
Wissenschaftlern ihre Betriebsgeheimnisse nicht verraten, weil sie alles
um Fracking und unkonventionelle Öl- und Gasförderung als
Betriebsgeheimnis (Proprietary Information) einstufen.
US-Wissenschaftler dürfen von Bohrplätzen keine Wasser- Boden- oder
Luftproben in den USA entnehmen. Die Unternehmen geben kaum Information
heraus, weigern sich sogar der US-Umweltbehörde EPA Informationen über
die von ihnen eingesetzten Chemikalien mitzuteilen. Auch bei
Betriebsunfällen durften die Ärzte in der Notaufnahme nich erfahren,
welchen Chemikalien der Verletzte ausgesetzt wurde. Betriebsgeheimnis!
Um Fehler zu vertuschen werden Familien entschädigt aber nur wenn sie
Stillschweigevereinbarungen unterschreiben. Das ist gängige Praxis bei
den Öl- und Gasunternehmen in den USA. Ich habe keinen Grund zu
glauben, dass diese Unternehmen und ihre deutschen Ableger sich in
Deutschland anders als in den USA verhalten werden.

Ich würde mich freuen, wenn Sie es versuchen, mehr über den gesamten
Themenkomplex und nicht bloß über nur eine Facette berichten würden.

Mit freundlichem Gruß
David Widmayer



....und ein Kommentar zur gleichen Sendung:


Newsletter zum Panoramabeitrag vom 09.09.2014





Dieses erschreckende Beispiel schlecht recherchierten
„Investigativjournalismus“ schreckt auch vor offensichtlichen
Falschbehauptungen nicht zurück, die durch einfaches Nachfragen bei
Wasserbehörden zu vermeiden gewesen wären. So ist die Behauptung, in
Norddeutschland würde Trinkwasser nur bis zu einer Tiefe von rund 100 Metern
gefördert, schlicht unwahr. Ich wohne in der Gemeinde Nehmten am Großen Plöner
See, wo wir aus einem Brunnen mit 192 Metern Tiefe Grundwasser für die
Trinkwasserversorgung gewinnen. Die für die Trinkwasserversorgung genutzten
Grundwasserleiter der Rotenburger Rinne reichen sogar bis in ca. 500 Metern
Tiefe, also fünfmal so tief, wie von den Redakteuren behauptet.





Uwe Dannwolf, Mitautor des UBA-Gutachtens und Kopf der
Beratungsfirma RiskCom, die auch in Zukunft noch Aufträge von der
Erdgasindustrie und dem US-Militär bekommen möchte bestreitet, dass bei einem
Frack längere Risse entstehen könnten. Hierbei verschweigt er, dass eine Bohrung
nicht nur ein Mal, sondern bis zu zwanzig Mal gefrackt wird. In der in
Mecklenburg bereits real existierenden Frackingbohrung Barth sollen mittels
Fracking jeweils bis zu 50 Meter lange Risse entstehen. Treffen diese Risse auf
undichte Altbohrungen oder natürliche Kluftsysteme, so ist der Weg zum
Grundwasser frei. Das ist keine reine Theorie oder nur in den USA möglich.
In der Nachbargemeinde Kalübbe gab es
bei der sekundären Erdölförderung (Druckaufbau in der Lagerstätte durch
verpresstes Formationswasser) in den 1980er Jahren durch die Firma RWE-Dea
mehrere schwere Leckagen, darunter ein großer Ölaustritt und ein
Salzwasserspringbrunnen, der einen Knick und große landwirtschaftliche Flächen
bis heute in Mitleidenschaft gezogen hat. Es reicht auch nicht, wenn es eine
rund 1 km dicke Deckschicht darüber gibt, wie der Tordis-Unfall gezeigt hat, wo
bis heute nicht geklärt ist, ob es sich um einen Frackingunfall, eine undichte
Bohrung oder um Salzwasseraufstieg über natürliche Kluftsysteme handelt http://www.ptil.no/getfile.php/Presentasjoner/2009%20Feb%20Milj%C3%B8seminar/8%20StatoilHydro%20%C3%98ystein%20Arvid%20H%C3%A5land.pdf
.





Besonders perfide finde ich jedoch, wie das Thema des
brennenden Wasserhahns als reine Bauernfängerei in den Mittelpunkt des Berichts
gestellt wurde. Lediglich in einem Nebensatz wurde erwähnt, dass in Gebieten
mit natürlichen Methanvorkommen durch Fracking die Methangehalte im Grundwasser
deutlich ansteigen können, so dass bis dahin wenig bis unbelastete Brunnen dann
doch brennbares Wasser liefern. Es sind auch nicht die Bürger, die eine
Fixierung auf den brennenden Wasserhahn haben, sondern die beiden Redakteure
von Panorama, die in jedem Interview diese Frage beantwortet haben wollten und
durch den Schnitt der Sendung ein stark verzerrtes Bild der Aussagen ihrer
Interviewpartner zeichnen.





Auch Prof. Kümpel versucht sich in Manipulation, wenn er
abstreitet, dass Fracking eine Hochrisikotechnologie ist.
Ministerin Hendricks hat jedoch von Risikotechnologie gesprochen und sich
dabei, wie auch ich in meinem Interview, auf das UBA-Gutachten des Jahres 2012
bezogen, wo es heißt: „Wir stellen zusammenfassend fest, dass zu einer
fundierten Beurteilung dieser Risiken und zu deren technischer Beherrschbarkeit
bislang viele und grundlegende Informationen fehlen.“


Während Frackingbefürworter fordern, Fracking müsse erlaubt
werden, solange nicht bewiesen ist, dass überall beim Fracking Unfälle
passieren werden, sind die
Frackinggegner der Meinung, dass Fracking nicht erlaubt werden darf, weil
grundlegende Fragen der bekannten Risiken völlig offen sind. Ein Grund für
fehlendes Wissen ist auch die Geheimhaltungspolitik, mit der nicht nur in den
USA sondern auch in Deutschland verhindert werden soll, das wahre Ausmaß der
Schäden durch die Gewinnung von Öl und Gas öffentlich bekannt zu machen. Eine
ideologiefreie Diskussion über Fracking setzt voraus, dass alle Informationen öffentlich
gemacht werden.





Dr. Reinhard Knof