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Bildergalerie TTIP, CETA und TISA

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Mittwoch, 30. Januar 2019, 14:47

EU Gerichtshof entscheidet, ob CETA mit EU-Recht vereinbar ist

BRÜSSEL taz | Das umstrittene Freihandelsabkommen CETA verstößt nicht gegen EU-Recht. Allerdings stellt der Vertrag zwischen der EU und Kanada auch keinen Freibrief für Investoren dar, Staaten zu Gesetzesänderungen zu zwingen. Mit dieser Einschätzung hat der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Yves Bot, eine Klage Belgiens abgeschmettert – aber auch einige Leitplanken eingezogen.
Belgien hatte das Abkommen im Herbst 2016 nach wochenlangem erbitterten Widerstand vor allem aus der Region Wallonie gebilligt, allerdings gleichzeitig den EuGH angerufen. Die Belgier wollten von den höchsten EU-Richtern in Luxemburg wissen, ob die in CETA enthaltenen Sonderrechte für Investoren und ein neuartiges Schiedsgericht mit Unionsrecht vereinbar sind.
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CETA war nach jahrelangem Streit und massiven Bürgerprotesten im September 2017 vorläufig in Kraft getreten. Allerdings ist die Streitschlichtung bisher noch ausgenommen. Dazu muss CETA erst durch die Parlamente in den Mitgliedstaaten ratifiziert sein. Stimmt auch nur eines der 28 EU-Länder nicht zu, scheitert das gesamte Abkommen. Zuletzt hatte Italien Zweifel angemeldet.

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Auch in Belgien gehen die Proteste weiter. Eine Petition gegen die „Paralleljustiz“ bei CETA[ hat binnen einer Woche bereits 273.000 Unterschriften gesammelt. https://www.attac.at/kampagnen/stopp-isds.html

http://taz.de/Freihandelsabkommen-CETA/!5565829/

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Mittwoch, 30. Januar 2019, 15:49

Staaten können weiter Gesetze erlassen, müssen dann jedoch den Konzernen Schadenersatz zahlen

Im Taz-Artikel heißt es:
"Diese Sorge teilt der Generalanwalt jedoch nicht. Die EU habe „hinreichende“ Garantien für die Streitschlichtung gegeben, erklärte Bot. Die Zuständigkeit des neuen Schiedsgerichts sei eng begrenzt und beziehe sich lediglich auf finanzielle Entschädigungen. Es sei jedoch nicht befugt, staatliche Regeln aufzuheben oder Änderungen anzuordnen.
Kein Hebel gegen EU-Staaten

Die Mitgliedstaaten könnten deshalb auch künftig Gesetze erlassen, „um legitime Ziele des Allgemeinwohls etwa im Bereich der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit, des Umwelt- oder des sozialen Schutzes zu erreichen“. Es bleibe auch weiter Aufgabe der nationalen Gerichte, „eine effektive Anwendung des Unionsrechts zu gewährleisten“.

Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, so wären schwerwiegende Eingriffe in die Umwelt- und Sozialgesetzgebung durch CETA wohl nicht mehr zu befürchten. Jedenfalls könnten Konzerne das Schiedsgericht nicht als Hebel gegen die EU-Staaten nutzen. Ein endgültiges Urteil steht zwar noch aus. Doch in aller Regel übernimmt der EuGH die Einschätzung des Generalanwalts."



Kommentar dazu:
Mit anderen Worten: Die Staaten dürfen z.B. die Energiewende oder vorsorgenden Gesundheitsschutz gesetzlich beschließen. Konzerne bekommen jedoch das Recht vor Sondergerichten ihre Gewinnausfälle oder Investitionsverluste und gar theoretische künftige Gewinnerwartungen zu erstreiten, die dann von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Staaten werden mit dieser Schadenersatzdrohung in vielen Fällen durch die drohenden riesigen Schadenersatforderungen gehindert, Gesetze zu erlassen, die Bürger schützen und gleichzeitig die Gewinnerwartungen von Konzernen schmälern.
Um es noch einmal an einem Beispiel deutlich zu machen: Wenn sich das deutsche Parlament auf Drängen der Bevölkerung durchringt, Fracking zu verbieten, kann das der Gesetzgeber weiterhin tun. Ausländischen Konzernen steht dann nach Investitionsschutzklauseln das Recht zu, dieses Frackingverbot als Handelshemmnis zu beklagen und Schadenersatz für das nicht eintreten von erwarteten Gewinnen zu verlangen. Diese Forderungen können so hoch sein, dass der Gesetzgeber der aufgebrachten Bevölkerung dann erklärt: Wir würden ja gerne Fracking verbieten, doch unermesslich hohe Schadenersatforderungen, die den benachteiligten Konzernen in Folge der Freihandelsverträge zustehen, hindern uns daran.

Wenn gleiches Recht für alle gelten sollte, müssten dann auch Bürger den Staat verklagen können, wenn ihnen Schaden durch staatliche Maßnahmen entstehen (wenn eine Autobahn vor ihre Häuser gebaut wird, wenn ihre Dieselautos an Wert verlieren, weil es Fahrverbote gibt).
Solche Schadenersatzrechte und Sondergerichte für die Bürger sind undenkbar. Die Aufgabe der Bürger ist jedoch nur, dann mit ihren Steuern die Last, die Gewinneinbußen der Konzerne, zu tragen. So werden die Reichen reicher, die Spaltung der Gesellschaft tiefer und die Politikverdrossenheit größer