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Dienstag, 21. Juni 2022, 08:59

Braucht Deutschland Eigene Lng-Terminals?

Parents for Future (P4F) /// Germany 6/2022
Seite 9 www.parentsforfuture.de (P4F)•Newsletter #19•6/2022
NEWSLETTER #19


Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist
die Versorgung Deutschlands mit Erdgas über LNG-Ter -
minals ein zentraler Diskussionspunkt. In Europa gibt es
aktuell 37 solcher Terminals, keines davon in Deutsch -
land. Da zudem die Leitungskapazitäten zwischen den
Staaten begrenzt sind, soll die Errichtung von schwim -
menden und festen LNG-Terminals in beschleunigten
Verfahren Abhilfe schaffen. Vier schwimmende Anlagen
wurden bestellt, die erste ist bereits in Wilhelmshaven
im Bau. Sie sollen ab 2025 durch feste Anlagen an Land
ersetzt werden. Im Gespräch sind hier Wilhelmshaven,
Brunsbüttel und Stade.
Doch wie vertragen sich neue LNG-Terminals mit dem
vorgesehenen Ausstieg aus fossiler Energienutzung?
Führt der Bau der entsprechenden Infrastruktur nicht
unweigerlich zu einer Verlängerung der Nutzung fos-
silen Erdgases oder zu Investitionsruinen? Werden die
LNG-Terminals überhaupt benötigt?
Alternative: Stärkerer Ausbau der Erneuerbaren!
Eine neue Studie des auf Energiedaten spezialisierten Un-
ternehmens Artelys kommt zu dem Ergebnis, dass EU-
weit die Unabhängigkeit von russischem Erdgas fast ohne
neue Infrastruktur möglich ist. Notwendig ist demnach
lediglich ein einziges neues LNG-Terminal in Finnland.
Ansonsten könnte das bisher aus Russland importierte
Gas durch die bestehende LNG-Infrastruktur sowie durch
Einsparungen und zusätzliche Investitionen in erneuer-
bare Energien kompensiert werden. Da es in diesem Fall
keine Reserven gibt, hält die Studie zusätzliche Investiti -
onen für erforderlich, die jedoch nicht in neue LNG-Ter -
minals fließen sollten, sondern in den zusätzlichen
Ausbau der erneuerbaren Energien. „Die neuen LNG-Ter-
minal-Vorschläge, die derzeit in Deutschland, Italien und
Polen vorangetrieben werden, stellen sich aus Sicht der
Versorgungssicherheit als unnötig heraus“, heißt es in
der Studie. Und auch finanziell würden sich die Investi -
tionen wegen des sinkenden Gasbedarfs nicht rentieren.
Diese Position wird auch von Claudia Kemfert vom Deut-
schen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vertreten.
Sie hält LNG-Terminals nur dort für sinnvoll, wo sie zeit -
nah für den Import grünen Wasserstoffs , den vor allem
die Industrie benötigt, umgerüstet werden können. Dazu
passt allerdings nicht das aktuelle LNG-Beschleunigungs-
gesetz der Bundesregierung, das eine Verwendung der
Terminals für Erdgas bis 2043 erlaubt.

Wolfgang Schöllhammer, OG Mainz



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