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Liebe MitstreiterInnen,
eine neue Ungeheuerlichkeit aus dem "grünen" Wirtschaftsministerium ist soeben bekannt geworden: Die an sich schon widersinnige Bestimmung, dass Solaranlagen vom Netzbetreiber auf 70% ihres Leistungsvermögens abgeregelt werden können (ich denke: wir haben Strommangel, und Strom wird dadurch immer teurer, doch bei den Erneuerbaren Energien wird das Einspeisepotential begrenzt, statt erhöht - warum das? - drei mal dürft ihr raten...) soll jetzt auch auf Steckermodul-Geräte ("Balkonkraftwerke") ausgeweitet werden. Da deren Einspeisungen ins Netz minimal sind (denn der von ihnen erzeugte Strom wird sogleich in der Wohnung und allenfalls vom nächsten Nachbar verbraucht) und ohnehin nicht vergütet werden, sollen diese künftig Strafe zahlen, die pro Jahr 90 Euro betragen kann. Diese Bestimmung war im "Osterpaket" noch nicht enthalten gewesen, findet sich jetzt aber im aktuellen Referentenentwurf der EEG-Novellierung und wird bereits in den Ausschüssen beraten. Die Details entnehmt bitte dem Artikel
"Wie bitte? EEG-Entwurf 2022 verhindert 2 Gigawatt PV-Kraftwerke"
https://www.njuuz.de/beitrag74617.html und den Mini-Solar-News
https://mailchi.mp/machdeinenstrom.de/mi…r-news_27062022 .
Wer es bisher noch nicht glauben konnte, muss nun an seinem Weltbild vermutlich etwas ändern: Die Führung der Grünen arbeitet gegen die Energiewende und insbesondere gegen die Bürgerbeteiligung an der Energiewende, gegen die "Bürgerenergie". Vor der Wahl hatten die Grünen riesige Zoom-Veranstaltungen organisiert, z.B. mit dem damaligen EU-Abgeordneten und heutigen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Sven Giegold, in denen sie heilig versprachen, im Fall der Regierungsbeteiligung gerade die Bürgerenergie von ihren bisherigen Fesseln zu befreien. Nun befreien sie sie nicht nur nicht von den bestehenden, sondern fügen neue Restriktionen hinzu.
Möglicherweise versuchen sie, eine alte Taktik herrschender Schichten, wie man sie etwa aus Tarifkämpfen kennt, anzuwenden: Eine ungeheuerliche Verschlechterung wird in die Diskussion geworfen, ruft heftige Gegenreaktionen hervor. Diesen gelingt es dann auch, die Verschlechterung abzuwehren. Die untergeordnete Schicht feiert das dann als großen Erfolg und vergisst darüber ihre eigenen ursprünglichen Forderungen, die sie voran gebracht hätten. Die Herrschenden freuen sich über die Dummheit der Untergebenen.
Wir - also diejenigen, die die Energiewende und insbesondere die Bürgerenergie wollen - sollten diesem Muster nicht entsprechen. Den frech-dreisten Verschlechterungsversuch aus dem Wirtschaftsministerium sollten wir zurückweisen und als Manöver kennzeichnen, mit dem von unseren voran führenden Forderungen nach Energy Sharing und gemeinsamer Eigenversorgung abgelenkt werden soll.
Wir sollten an das vor der Wahl gegebene Versprechen, die Bürokratie abzubauen, erinnern und dessen Realisierung entsprechend der Stellungnahme (vom März) des Runden Tisches Erneuerbare Energie (RTEE) zum "Osterpaket" fordern:
"Es gibt nur noch eine Option: Sämtliche Schleusen für die erneuerbaren Energien
müssen geöffnet werden. Die Bürokratie muss weg. Die Bevölkerung ist aufzurufen,
völlig autonom zu handeln: Nicht anders als wenn man sich eine Heizung oder eine
Waschmaschine kauft, sollen Solarmodule, Batterien, Laderegler und Wechselrichter
angeschafft werden können. Alle, die es irgend ermöglichen können, sollen allein,
zusammen mit Nachbarn, als Mietergemeinschaft, wie auch immer, Strom erzeugen.
Wir benötigen jede erneuerbare Kilowattstunde, denn wir befinden uns in einer
Notlage. Wie der Krankenwagen auf dem Weg zum Notfall das Blaulicht einschaltet
und dann an keinerlei Verkehrsregeln mehr gebunden ist, muss der Solarausbau durch
die Bevölkerung völlig freie Bahn erhalten."
In der grünen Partei - und natürlich bei allen, die an sie geglaubt haben - müsste m.E. nun ein noch nie dagewesener Proteststurm losgehen, vielleicht eine Austrittsbewegung, vielleicht eine Neugründung. - Zu krass ist der Unterschied zwischen den Ankündigungen von vor der Wahl und den Taten, die jetzt erfolgen. Die Situation erinnert an die Entstehung der USPD 1917.
Viele Grüße,
Christfried