Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder des Klimaschutzbeirat Lohfelden,
vielen Dank für Ihren offenen Brief zum Ziel der Klimaneutralität bis 2030.
Die derzeitige - in erster Linie fossile - Energiekrise führt uns schmerzhaft vor Augen,
wie wichtig es ist, dass Deutschland eine nachhaltige und verlässliche Versorgung
auf Grundlage der Erneuerbaren Energien (EE) aufbaut. Bereits in meinen acht Jahren
als Landtagsabgeordneter und nun schon in der zweiten Legislaturperiode im
Bundestag, bin ich als Energiepolitiker stets mit voller Überzeugung für die
Erneuerbaren Energien eingetreten. Gerne möchte ich erneut darauf hinweisen, dass
wir bei deren Ausbau längst hätten weiter sein können. Das bis Ende 2021
unionsgeführte Bundeswirtschaftsministerium hat in weiten Teilen die
Energiewende verschlafen. Als damaliger Koalitionspartner konnten wir nur das
Schlimmste verhindern.
Ich freue mich darüber, dass ich als energiepolitischer Koordinator der SPD-
Bundestagsfraktion gemeinsam mit den Kolleg:innen der Ampelregierung im
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 endlich die Fesseln der Erneuerbaren lösen
konnte. Wir haben die Denkweise in „Deckelungen“ überwunden – die
Ausbaumengen i.H.v. 115 GW Windenergie an Land und 215 GW Photovoltaik
verstehen sich ausdrücklich als Mindestziele. Genau das brauchen wir in der jetzigen
Zeit. Mindestens ebenso wichtig ist, dass wir das „überragende öffentliche Interesse“
für die Erneuerbaren gesetzlich festgelegt haben. Das wird Planungsprozesse und
Genehmigungsverfahren beschleunigen, sowie weitere Flächen für den Ausbau
freigeben.
Es ist ein Kernanliegen der SPD, die Energiewende nicht nur aus der
energiepolitischen Perspektive zu betrachten, sondern als Mitmachprojekt und
Konjunkturprogramm. Wir müssen die Menschen mitnehmen und beteiligen, sodass
wir die ambitionierten Ziele gemeinsam erreichen. Damit ist ausdrücklich gemeint,
dass wir für die Bürgerinnen und Bürger niedrigschwellige Angebote machen wollen,
den Ausbau der Erneuerbaren voranzubringen. Denn die Energiewende wird uns
auch in ein dezentrales Energiesystem führen. Dafür brauchen wir schlüssige und
praktikable Konzepte zur Bürgerenergie, zum Mieterstrom, dem Energy Sharing und
für Quartiersansätze.
Im Rahmen des sogenannten Osterpakets, das ich als Berichterstatter federführend
für die SPD verhandelt habe, haben wir bereits einige Verbesserungen auf den Weg
gebracht. Bürgerenergieprojekte sind für mich ein wichtiger Baustein, damit sich
Bürgerinnen und Bürger am Bau und Betrieb von EE-Anlagen beteiligen können. Als
Ampelkoalition haben wir klargestellt, dass auch Bürgerenergiegenossenschaften zur
Bürgerenergie zählen. Außerdem haben wir den Radius für die Beteiligung an
Bürgerenergieprojekten auf 50 Kilometer erhöht. Die Sperrfrist für neue Projekte
haben wir von fünf auf drei Jahre abgesenkt und dafür gesorgt, dass national die von
der EU-Kommission gesetzten Grenzwerte für die Größe von Bürgerenergieprojekten
voll ausgenutzt werden.
Auch die Stärkung des sog. Mieterstroms liegt mir sehr am Herzen. Es ist wichtig,
dass Bewohnerinnen und Bewohner von Miet- oder Eigentumswohnungen an der
Energiewende mitwirken können. Bereits 2017 wurde unter Mitwirkung der SPD der
Mieterstromzuschlag im EEG verankert. Um Mieterstromprojekte noch besser zu
fördern, haben wir als Ampel im EEG 2023 die 100-kW-Grenze für
Mieterstromprojekte aufgehoben. Weitere Entbürokratisierungen und
Vereinfachungen sind noch in dieser Wahlperiode geplant.
Da eine regionale Energiewende nicht ohne Sektorkopplung funktioniert, ist zudem
Energy Sharing unerlässlich. Nur wenn wir vermehrt in Quartieren denken, wird es
gelingen, lokal erzeugten Strom auch lokal zu speichern und zu verbrauchen. Die EU-
Kommission hat hier bereits klare Handlungsempfehlungen für die nationale
Gesetzgebung ausgesprochen. Möglichst noch in diesem Jahr werden wir als Ampel
dafür sorgen, dass gesetzlich eine klare Definition von Quartieren festgeschrieben
wird und wir werden im Rahmen des Strommarktdesigns eine Lösung erarbeiten für
das Thema Netzentgelte bei lokaler Versorgung. Ich werde mich persönlich dafür
einsetzen, den Verkauf von grünem Strom auch unter Nachbarinnen und Nachbarn
zu ermöglichen.
Die von Ihnen angesprochenen planerischen Hürden für PV-Anlagen waren und sind
ein Kernaspekt der Verhandlungen zur Gesetzgebung im EE-Bereich. Bereits im
Osterpaket haben wir endlich die „Anlagenzusammenfassung“ möglich gemacht.
D.h. also auf dasselbe Dach können ab 01.01.2023 Voll- und Teileinspeiseanlagen
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gebaut werden – erforderlich ist nur ein separater Zähler. Zudem haben wir den
Verteilnetzbetreibern eine Frist von vier Wochen gesetzt, neue PV-Anlagen ans Netz
anzuschließen. Der Anmeldeprozess selbst wird künftig zentral, einheitlich und
transparent über eine digitale Plattform erfolgen müssen. In der Koalition ist darüber
hinaus der Beschluss geeint, PV-Anlagen bis zu einem Grenzwert von 30 kW (bisher
10kW) von der Pflicht zur Einkommens- bzw. Gewerbesteuerregelung auszunehmen.
Nicht zuletzt werde ich mich in den kommenden Wochen dafür einsetzen, dass die
komplizierte Doppelanmeldung von Balkon-PV-Anlagen im
Marktstammdatenregister und beim Netzbetreiber vereinfacht wird.
Die Koalitionsfraktionen haben im Entschließungsantrag zum EEG 2023 und zum
Energiesicherungsgesetz festgehalten, dass wir uns noch dieses Jahr der Umsetzung
weiterer Vereinfachungen widmen werden. Ihre Anregungen zu
Verkaufsmöglichkeiten für selbsterzeugten Strom sowie dem Abbau weiterer
bürokratischer und rechtlicher Hürden nehme ich gerne mit. Lassen Sie uns im
Austausch bleiben!
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Timon Gremmels